MIRIAM RAGGAM

من أين | Min Ayna | Woher von MIRIAM RAGGAM

In من أين | Min Ayna | Woher erzähle ich von verschiedenen Situationen, die ich als
white–passing Person in Wien und mit meiner Familie in Marokko erlebt habe. Die Arbeit zeigt einen sehr persönlichen Zugang aus meiner postmigrantischen Perspektive zu der Frage „Woher (kommst du?)“. Eine problematische Frage, die viel zu oft gestellt wird. In ihr sind Perspektiven und Privilegien eingeschrieben, vor allem viele weiße*  Perspektiven und weiße  Privilegien.
Wer stellt die Frage an wen? Wer soll diese beantworten (müssen)? Wieso wird die Frage überhaupt gestellt? Und bleibt es bei der einen Frage, oder kommt danach „Woher kommst du eigentlich wirklich?“

Ich bin white-passing, das heißt ich werde als weiße gesehen und habe so Zugang zu weißen Privilegien. Das bedeutet unter anderem, dass ich die Wahl habe, mich unerkannt in weiß dominierten Räumen aufzuhalten oder mich als PoC (Person of Color)* zu erkennen zu geben. Letzteres ermöglicht mir eine klar politische Handlung zu setzen, mich zu solidarisieren oder zu positionieren. Gleichzeitig kann diese Entscheidung den ungewollten Effekt haben, mich in weißen Räumen „interessanter“ wirken zu lassen. Fakt ist, ich kann mich dafür entscheiden.

Diese Entscheidungsfreiheit haben BIPoC (Black Indigenous People of Color) nicht. BIPoC werden oft gefragt woher sie kommen, egal wo sie geboren wurden oder welche Sprache(n) sie sprechen und werden von vornherein diskriminiert und/oder ausgegrenzt. Nicht nur das, sie sind jeden Tag Mikro- und Makroagressionen von strukturellem Rassismus ausgesetzt.
In der Arbeit „من أين | Min Ayna | Woher“ beleuchte ich meine (privilegierten) Erfahrungen als white-passing Person zu der Frage „Woher (kommst du?)“.
Es gibt viele Positionen, viele Stimmen, die zu diesen Themen viel mehr und auch viel anderes zu sagen haben als ich. Sie sprechen, schreiben und zeigen diese schon die ganze Zeit – es gilt vor allem ihnen zuzuhören.

* Der Begriff weiß wird verwendet, um die soziale Privilegiertheit der Gruppe der “Mehrheitsangehörigen” und ihrer Position zu verdeutlichen. Aus: Claudia Unterweger „Talking back. Strategien Schwarzer österreichischer Geschichtsschreibung.“

* PoC ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß und westlich wahrgenommen werden und sich auch selbst nicht so definieren.

 

Miriam Raggam-Alji, Studium der Konzeptkunst und Performativen Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien sowie an der Kunsthochschule Weißensee Berlin. Lebt und arbeitet als Regisseurin und Künstlerin in Wien.
Miriam Raggam-Alji setzt sich in ihrem gesamten Schaffen mit den politischen und sozialen Räumen, sowie subtil oder offensichtlich festgefahrenen Strukturen in ihrer Umgebung auseinander und zögert dabei nicht, sich auch selbst zu positionieren. Mit ihren künstlerischen Werken beabsichtigt Miriam Raggam-Alji, un_sichtbare Mechanismen der Gesellschaft sichtbar zu machen und den öffentlichen Diskurs darüber anzuregen, wobei Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster kritisch hinterfragt und für Veränderung offen gelassen werden.